Naturpark-Blick bei Osterode am Harz
Naturpark-Blick bei Osterode am Harz

Von der Höhle in den Dachstuhl

Kopfüberhängend verbringen die Mausohren den Winter in frostfreien Höhlen mit ausreichender Luftfeuchte. (Bild: Robiller/naturlichter.de)

Zurzeit hält die größte heimische Fledermausart in unterirdischen Stollen und Höhlen Winterschlaf. Dafür laufen die Körperfunktionen des Großen Mausohrs Myotis myotis auf Sparflamme: Im Sommer schlägt das Herz 1000 Mal pro Minute, jetzt nur noch wenige Male! Auch die Körpertemperatur fällt von 36 bis 37 °C im Sommer auf wenige Grad über null im Winter ab.

 

Wie lebt das Große Mausohr im Winter?

Um den nahrungsarmen Winter zu überleben, haben Fledermäuse (wie übrigens auch Igel und Siebenschläfer) eine besondere Taktik: An einem geeigneten, frostfreien Ort verbringen die Tiere „auf Sparflamme“ den Winter. Die Fledermäuse tun das kopfüberhängend in luftfeuchten und frostfreien Höhlen und Stollen. Die Körpertemperatur der Tiere senkt sich dann von rund 36 °C auf nahe dem Gefrierpunkt ab. Das Herz schlägt nur noch zehn Mal pro Minute; das Tier atmet einmal in der Minute. So wird sehr wenig Energie verbraucht. Trotzdem müssen die Tiere im Herbst ausreichend Energiereserven anlegen. Die Fettpolster lagern zwischen den Schulterblättern. Wacht die Fledermaus z. B. durch Störung oder Wetterschwankungen zu häufig aus ihrem Winterschlaf auf,  kann der Schlaf tödlich enden, da die Energiereserven frühzeitig verbraucht sind.    

 

Wo lebt das Große Mausohr im Sommer?

Die größte heimische Fledermaus kommt ausschließlich in den wärmeren Gefilden Europas bis nach Nordafrika vor. Sie benötigt für die Jagd ausgedehnte Wälder mit einer gering ausgeprägten Kraut- und Strauchschicht, wie es z. B. für Buchenhallenwälder typisch ist. Ihre Beute, häufig Laufkäfer, erbeutet das Große Mausohr im Flug oder am Boden krabbelnd. Die Fledermaus nimmt die Geräusche Ihrer Beute über ihre großen Ohren wahr. In der Nähe ihrer Jagdreviere treffen sich die Weibchen zu hunderten in gemeinsamen Sommerquartieren. Sie bevorzugen Dachstühle von alten Kirchen um hier tagsüber zu schlafen und die Jungen zu gebären. Die Männchen sind hingegen Einzelgänger und halten sich den Sommer über in Baumhöhlen, Nistkästen und Dachstühlen auf.    

In geeigneten Sommerquartieren können sich hunderte weibliche Mausohren zusammenfinden. (Bild: Mnolf/wikimedia commons)

 

 

Das Selketal bei Meisdorf (Bild: Schäfer/RVH)

Wo lebt das Große Mausohr im Harz?

In Sachsen-Anhalt gehören die Harzränder zu den wichtigsten Fortpflanzungszentren des Großen Mausohrs. In alten Kirchen, wie z. B. die Marktkirche in Quedlinburg, hat die geschützte Fledermaus eine bedeutende Wochenstube mit mehreren hundert Tieren. Auch eine Gruft nahe Meisdorf haben die Tiere als Wochenstube ausgewählt. Einige Mitglieder der Familie der Herren von der Asseburg, die bis 1945 auf Burg Falkenstein residierten, liegen in diesem Mausoleum begraben. Hier finden wir auch die Stempelstelle Nr. 207 der Harzer Wandernadel.

Die zahlreichen Höhlen und Stollen machen den Harz zudem zu einem überregional bedeutenden Überwinterungsquartier. Werden die Tiere in ihren Winter- oder Sommerquartieren gestört, kann das u. a. ihren Tod bedeuten. Daher sind die Höhleneingänge von Fledermausquartieren mitunter vergittert. Störungsfreie Quartiere und die strukturreichen, ausgedehnten Harzer Wälder sind ideale Voraussetzungen für den Fortbestand des Großen Mausohrs in der Region. In der Vergangenheit sind zahlreiche Sommerquartiere durch unsachgemäße Sanierung oder Pestizide für das Mausohr verloren gegangen. Einige bekannte Wochenstuben und Überwinterungsquartiere stehen daher nun unter Schutz.

Ein weiterer typischer Bewohner des Selketals, der Feuersalamander, schmückt den Titel des NATURA Tipps 3.

Wo auf Mausohr-Wanderung gehen?

Das landschaftlich sehr reizvolle Fauna (Tiere)- Flora (Pflanzen)- Habitat-(Lebensraum)-Gebiet „Selketal und Bergwiesen bei Stiege“ erstreckt sich zwischen Stiege und Meisdorf entlang der Selke.  Hier werden neben dem Großen Mausohr auch Goldener Scheckenfalter, Edelkrebs und Wildkatze sowie ihre Lebensräume geschützt. Auf den Wiesen, in den Wäldern, Felsspalten und Höhlen zwischen Alexisbad und Stiege findet das Große Mausohr und zahlreiche andere Fledermausarten wertvollen Jagd- und Lebensraum. Der Selketal-Stieg quert das FFH-Gebiet, das Teil des europaweiten Schutzgebietsnetzwerks Natura 2000 ist. Der NATURA Tipp 3 des Regionalverbandes Harz lädt zum Entdecken des Natura 2000-Gebietes ein. Typische Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume entlang des Wanderweges werden mit kurzen Texten und tollen Fotos beschrieben. Erhältlich ist die kostenfreie Broschüre u. a. in der Touristinfo „Gartenhaus“ der Stadt Falkenstein, in ausgewählten Hotels sowie auf dieser Seite unter "Shop".