Naturpark-Blick bei Osterode am Harz
Naturpark-Blick bei Osterode am Harz

Zauneidechse: Methusalems im Mosaik

Dinosaurier-Wegbegleiter

Auge in Auge mit der Vergangenheit. Foto: VDN/Justus Vogt

Mit etwas Glück können wir an sonnigen Tagen die Zauneidechse beim Sonnenbad auf warmen Steinen oder auf dem offenen Boden beobachten. Während der Paarungszeit im Frühjahr sind die Flanken des Zauneidechsen-Männchen leuchtend grün gefärbt. Genauer betrachtet, erinnert die heimische Reptilienart an einen vorzeitlichen Erdbewohner. Die Vorfahren der heutigen Reptilien bevölkerten schon vor über 300 Mio. Jahren unseren Planeten und waren Wegbegleiter der Dinosaurier!

Methusalems im Mosaik

Obwohl sich die Reptilien schon seit so langer Zeit auf dem blauen Planeten bewegen, scheuen sie die Menschen nicht unbedingt: Die Zauneidechse lebt im reichen Mosaik der menschgeschaffenen Kulturlandschaft: an Weg-, Feld und Waldrändern, an Böschungen, in Steinbrüchen und Kiesgruben, auf Trockenrasen bis hin zu Rändern von Feuchtwiesen. Wichtig hierbei ist, dass geeignete Plätze zum Sonnen, zur Jagd und Eiablage, als Versteck sowie zum Überwintern nah beieinander liegen. Trockene Rasen, Totholz, Feld- und Waldränder, offene Gesteins- und Sandflächen bieten eine Vielzahl passender Zauneidechsen-Lebensräume. Leider verschwinden vermehrt jene kleinteiligen Standorte, offene Flächen wachsen mit Büschen zu, Pestizide, schweres Gerät und anderweitige Nutzung von Weg- und Feldrändern machen der Zauneidechse und ihrer Nahrung das Überleben schwer. Die Zauneidechse ist bedeutendes Schutzgut: Die Flora(Tiere)-Fauna (Pflanzen)-Habitat (Lebensräume)-Richtlinie (FFH) der EU stellt die Echse unter strengen, europaweiten Artenschutz.

Sonnenkinder

Während der Paarungszeit sind Männchen und Weibchen deutlich an ihrer Färbung zu unterscheiden: Ein grün gefärbtes Männchen zwischen zwei trächtigen Weibchen. Foto: VDN/Clara Spielmann

Als wechselwarmes Tier braucht die Zauneidechse warme, sonnige Standorte um „in Schwung zu kommen“. Zwischen März und April, je nach Witterung, beenden die ersten Zauneidechsen ihre Winterruhe und tanken auf geeigneten Sonnenplätzen Energie für die neue Saison. Hier sind sie besonders leichte Beute für Vögel, Igel und Füchse. Sind sie den Räubern entkommen und haben genug Energie gesammelt, kann die alte Haut abgestreift werden. Nach der energieaufwendigen Häutung und mit neuem Kleid beginnt die Fortpflanzung. Die Eier werden von Mai bis Juni in sandigen Böden abgelegt. Ab September ziehen sich die ersten Zauneidechsen schonwieder in geeignete Überwinterungsquartiere zurück. Die Winterruhe verbringt die Echse in Erdröhren, Fels- und Holzspalten- vielleicht sogar in ihrem Garten!

Im Zauneidechsen-Rübeland

Galgenberg bei Elbingerode. Foto: RVH/Christiane Linke

Auf einer Wanderung durch das landschaftlich reizvolle Devonkalkgebiet um den Galgenberg bei Elbingerode und Rübeland können wir mit etwas Geduld und Glück an einem sonnigen Tag die Zauneidechse beobachten. Das „Devonkalkgebiet bei Elbingerode und Rübeland“ ist ein von der EU anerkanntes FFH-Schutzgebiet. Neben Zeugnissen des Kalkabbaus schmiegen sich blühende Trockenrasen und Bergwiesen an felsige Hänge und Kuppen, wachsen seltene Pflanzen zwischen Kalkgesteinen, stehen vereinzelte Wäldchen auf Kalk. In diesen schützenswerten Lebensräumen sind seltene Arten wie Mittelspecht, Neuntöter, Braunkehlchen, Mops- und Bechsteinfledermaus, aber auch die Wildkatze zu Hause. Besonders interessant für die Zauneidechse sind Sonnenplätze auf offenen Kalkfelsen und Schutthalden. Das besagte Kalkgestein wurde im Mitteldevon vor 380 - 390 Mio. Jahren gebildet. Zu jener Zeit besiedelten noch keine Zauneidechsen-Vorfahren das Gebiet und doch spielen Tiere dabei eine zentrale Rolle: Das Kalkgestein und der emporragende Galgenberg waren einst tropische Riffe! In einer wahrlich überragenden Bauleistung verfestigten Milliarden von Einzel-Polypen der Korallenstöcke die im Meerwasser gelösten Mineralien zu ihrem kalkigen Wohnhaus. Heute können wir nun im tiefsten Harz eine Wanderung durch tropische Riffe starten:

Tourenvorschlag Galgenberg

Los geht’s am Ende der Straße „Bleichenkopf“ in Elbingerode mit einem ersten Blick auf den Galgenberg (506 m NHN). Wir folgen zunächst dem Wanderweg „Wege Deutscher Kaiser und Könige des Mittelalters im Harz" mit dem Kronen-Symbol und erreichen nach ca. 300 m den Galgenberg. Hier, wo einst auch ein mahnender Galgen emporragte, wurde früher Recht gesprochen. Nachdem wir die Aussicht vom Galgenberg genossen haben, folgen wir dem Pfad durch den angrenzenden Steinbruch hindurch zur Wiese. Hier wartet schon das eindrucksvolle Ensemble von umliegenden Halden und dem Brocken im Hintergrund. Auf der Wiese treffen wir nach ca. 300 m in östlicher Richtung wieder auf den Wanderweg. Wir setzen die Tour entlang der industriellen Kalkabbaufläche fort und folgen dem Weg durch weitere blühende Wiesen, kleine Bachtälchen und entlang von Äckern. In südwestlicher Richtung treffen wir bald auf die B27 und gelangen so an unseren Ausgangspunkt zurück. Auf der Zauneidechsen-Wanderung kommen wir an einer Vielzahl besonderer Pflanzen vorbei. Eine detaillierte Wegbeschreibung und ausführliche Informationen zur typischen Flora finden sie in der Publikation „Harzer Pflanzenwelt erleben“, Wanderung „Devonkalkgebiet bei Elbingerode und Rübeland“, vorgeschlagen von Gisela und Jürgen Schaaf.


Vorgeschlagene Wanderroute ist rot markiert: Parkplatz Elbingerode - Galgenberg - Höhenzug Schwefeltal - Gut Heiligenstock - B 27 - Elbingerode/Mühlental - Elbingerode Parkplatz. Dauer: 7km, 2-3 Stunden Karte aus „Unterwegs im Natur- ung Geopark, Harzer Pflanzenwelt erleben, Wanderung Devonkalkgebiet bei Elbingerode und Rübeland, vorgeschlagen von Gisela und Jürgen Schaaf, Hrsg. Regionalverband Harz e. V.