Naturpark-Blick bei Osterode am Harz
Naturpark-Blick bei Osterode am Harz

Rotbuche Fagus sylvatica

Urwald vor der Haustür

Schön und vertraut - die heimischen Rotbuchenwälder. Foto: VDN/arion

Sie begegnet uns auf Schritt und Tritt - beim Spaziergang im Wald oder Park, als Brennholz, in Form von Löffeln oder als Stuhl. Die Rotbuche Fagus sylvatica ist unser ständiger Begleiter. Sie scheint allgegenwärtig und ist doch eine Besonderheit: Rotbuchenwälder kommen ausschließlich in Europa vor. Ein Viertel dieses sogenannten „natürlichen Gesamtareals“ entfällt dabei auf Deutschland. Zwei Drittel der Bundesrepublik wären Buchen-Land! Derzeit sind jedoch nur noch 7 % des natürlichen Areals erhalten.

Weltnaturerbe Buchenwälder

Grün markiert ist das natürliche Verbreitungsgebiet der Rotbuche in Europa, rot die Weltnaturerbegebiete. Karte: http://www.weltnaturerbe-buchenwaelder.de

Deutschland erkennt seine Verantwortung für den Erhalt der verbliebenen Buchenwälder an: Ausgewählte Wälder in Deutschland sowie die Buchenurwälder der Karpaten wurden 2011 als UNESCO-Weltnaturerbe ernannt. Die Buchenwälder im Hainich, im Kellerwald und auf Rügen stehen somit auf einer Stufe mit dem Great Barrier Reef, dem Yellowstone Nationalpark oder den Galapagosinseln. Auch das europäische Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000 räumt der Buche eine besondere Stellung ein: Repräsentative Rotbuchenwälder sind gemäß FFH-Richtlinie (Fauna/Tiere-Flora/Pflanzen-Habitat/Lebensraum) in Europa "… Natürliche Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen …".

Vielfalt im Buchenwald

Lebendiges Totholz. Foto: VDN/Filipp

Doch was macht die Buchenwälder so interessant für den Naturschutz und den Erhalt der europäischen biologischen Vielfalt? Die Buche bildet auf den meisten Standorten eine „Monokultur“ aus, soweit das Auge reicht nur Rotbuche. Andere Gehölze können selten mit dem ausgeprägten Schattbaum konkurrieren. Das mehrschichtige Blätterdach und die Buchenblattform führen dazu, dass gerade 2 % des einfallenden Sonnenlichts noch den Waldboden erreicht. Den meisten Pflanzen ist das zum Wachsen zu wenig. Was auf den ersten Blick nun eintönig erscheinen mag, hat die Vielfalt im Detail: Junge neben alten Bäumen, totes stehendes oder liegendes Holz oder Bäume mit Spechthöhlen sind Hotspots der Artenvielfalt im Buchenwald. So leben bis zu 10.000 Pflanzen-, Tier- und Pilzarten in den heimischen Buchenwäldern!

Typische Buchenwäld'ler

Wildkatze Foto: VDN/Maik Elbers

Im Frühjahr bedecken Blütenteppiche aus Buschwindröschen, Hohlem Lerchensporn und Bärlauch den hellen Waldboden; Vogelgezwitscher durchdringt den gerade erwachenden Wald. Baumpilze wie Flacher Lackporling und ästiger Stachelbart bewachsen dauerhaft oder vorübergehend den Stamm der Buche. Eichenfarn, Kahlmützenmoos und Schmalblättrige Hainsimse wachsen auf dem schattigen Waldboden unter dem sommerlichen, geschlossenen Buchenblätterdach. Nagelfleck, Kopfhornschröter und Buchenbock sind nur zwei unter tausenden Insekten des Buchenwalds - viele von ihnen mit einer besonderen Vorliebe für Totholz. Schwarzstorch oder Hohltaube leben äußerst versteckt, Schwarzspecht ziemlich geräuschvoll im Buchenwald. Auch für seltene Säugetiere wie Wildkatze und zahlreiche Fledermausarten wie Bechsteinfledermaus oder Großes Mausohr ist der Buchenwald essentieller Lebensraum. Wandern wir im Herbst durch den Wald, fallen Blätter und leuchtende Farben ins Auge. Die Früchte der Rotbuche, die Buchecker, ist wichtiger Wintervorrat für Eichhörnchen, Kleiber, Gelbhalsmaus und Co. Im Winter sammelt der Wald Kraft für eine neue Wachstumsperiode.

Buche & Mensch

Auch im Haushalt ständiger Begleiter - die Rotbuche. Foto: pixelio/Rainer Sturm

Nicht nur für Tiere, Pflanzen und Pilze ist der Buchenwald unverzichtbar. Auch der Mensch hat sich in einer langen, gemeinsamen Geschichte an den Baum gewöhnt, ihn genutzt und geehrt: Ortsnamen wie Buchholz oder Bochum tragen den Baum im Namen. Die Germanen ritzten einst ihre Runen in einen Buchenstab und vererbten uns damit die Buchstaben. Aus beschrifteten, zusammengehefteten Buchenholztafeln entwickelten sich unsere heutigen Bücher. Der Baum taucht nicht selten in alten Sprichwörtern und Gedichten auf. Buchenholz ist dank seines guten Brennwerts beliebt als Kamin- und Feuerholz. Auch Bahnschwellen, Kochlöffel, Zellstoff und Möbel werden aus Buche gefertigt. 1.000 Hektar Buchenwald sichern dabei rund acht Arbeitsplätze.

Buchen musst du suchen …!

Ab Oktober ist die Ausstellung „Buchen musst du suchen…! Natura 2000-Informationszentrum des Harzes“ kostenfrei zu besichtigen. Foto: RVH/Schäfer

Finden können wir sie z. B. ab dem 10. Oktober 2013 im Barockflügel des Schlosses Stolberg. Der Regionalverband Harz e. V. hat dort gemeinsam mit dem Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz eine Ausstellung zur Rotbuche und Natura 2000 eingerichtet. Die Ausstellung beantwortet u. a. die Frage, was Elefant, Rotkäppchen und ein Frauenschuh mit der Buche zu tun haben. Hier können wir auch die sonst so scheuen Buchenwaldbewohner hautnah erleben. Im Anschluss an einen Ausstellungsbesuch lädt die europäisch ausgezeichnete Stolberger Natur rund um das Schloss zum Wandern, Erholen und Entdecken ein. Die „Buchenwälder um Stolberg“ sind gleichzeitig FFH- und EU-Vogelschutzgebiet! Dort gedeiht auch der Waldmeister-Buchenwald, auf nährstoffreichen, leicht sauren Böden. Im Frühjahr besticht er durch seine bunten Blütenteppiche aus Bärlauch, Waldmeister, Hohlem Lerchensporn und Buschwindröschen.

Buchenwanderung

Buchen-Höhlenbewohner Waldkauz. Foto: VDN/Reiner Jacobs

Am Samstag, dem 19. Oktober steht die Rotbuche bei einer geführten Wanderung sowie einer Ausstellungsführung im Mittelpunkt. Los geht’s ab 10:00 Uhr vom Parkplatz direkt am Schloss, Ende der Straße „Schlossberg“. Mit wetterfester Kleidung und robustem Schuhwerk sind wir bestens auf die ca. 1-stündige Tour vorbereitet. Im Anschluss an den Buchenspaziergang kann die Ausstellung mit einer Führung oder individuell besichtigt werden.